Grüne Wiese, Hosenlupf und Speed-Dating
Das Kongresshaus Zürich war vier Jahre lang eine Baustelle. Und das auch neben der eigentlichen Bautätigkeit: Das Haus galt zuletzt als verstaubt und nicht mehr zeitgemäss – das sollte mit der Neueröffnung endlich Geschichte sein. Diese internationale Neupositionierung war neben der Baubegleitung und anschliessenden Wiederaufnahme des komplett stillgelegten Betriebs die Aufgabe, für die Roger Büchel 2018 vom Verwaltungsrat gewählt wurde. «Ich sah das enorme Potenzial – hatte aber auch einen gesunden Respekt vor dieser Aufgabe. Ich bin in der Branche daheim und hatte in jungen Jahren bereits eine eigene Firma gegründet und aufgebaut. Mir war bewusst, was da auf mich zukommt», sagt er heute.
Viel Erfahrung und eine Portion gesunder Menschenverstand
Allein in einem kleinen Preopening-Büro startete er 2019 als CEO/Direktor sprichwörtlich auf der grünen Wiese: «Ich genoss das volle Vertrauen des Verwaltungsrats und hatte während der Baubegleitung die Freiheit, alle Prozesse und Konzepte – von Sicherheit bis Gastronomie –, die gesamte Organisation und Ausrichtung neu zu definieren.» Doch die Baubegleitung forderte viel Aufmerksamkeit: Roger Büchel stiess in dieser Phase immer wieder auf Punkte, die er kritisch hinterfragen musste. So war ursprünglich eine nur eher rudimentäre Veranstaltungstechnik geplant, was der branchenerfahrene CEO glücklicherweise kritisch hinterfragte und eine zeitgemässe Ausstattung bis in höchste Gremien verteidigte. «Erfahrung, zu erkennen, was Sinn macht und was nicht, hilft sicher. Aber oft war es auch mit gesundem Menschenverstand getan», lacht Roger Büchel. So zum Beispiel war die Terrasse ursprünglich mit Kopfsteinpflaster geplant gewesen – reichlich unpraktisch für eine Restaurantterrasse mit Stühlen und Tischen. Heute ist sie ein Highlight aus Natursteinplatten, das auch praktischen Anforderungen gerecht wird.
Kein einfacher Start
Dann brachte Covid einiges an Ungeplantem mit sich: Bauverzögerungen zehrten an den Nerven der Kunden und der Öffentlichkeit. Das Haus nahm später als geplant aber mit vollen Auftragsbüchern im Sommer 2021 den Betrieb auf und alleine im August 2021 hatten 50 neue Mitarbeitende ihre Stelle angetreten. Einer der grössten Momente für Roger Büchel. Denn hier zeigte sich, ob die definierten Prozesse griffen, die neue Crew funktionierte – kurz: ob der Plan aufging. Vor allem die Medien, während der Bauphase eher kritisch berichtend, hatten hohe Erwartungen an das neue Kongresshaus. Mit der perfekt orchestrierten Eröffnung wurde klar: Das Kongresshaus gefiel, der Wert eines Event- und Kongresszentrums mit internationaler Ausstrahlung mitten in Zürich wurde erkannt und wertgeschätzt. Aber griffen die Prozesse und Konzepte auch? «Ja – und sie werden bis heute praktisch unverändert umgesetzt», ist Roger Büchel stolz, «aber dafür bin nicht ich alleine, sondern das ganze Team verantwortlich.»
Kaum eröffnet, ging es gleich weiter: Das LUX Restaurant & Bar nahm den Betrieb ebenfalls auf, erste Veranstaltungen folgten sogleich – darunter das Zürich Film Festival mit der Europa-Premiere des neuesten James Bond-Streifens. Das Kongresshaus positionierte sich schnell als würdiger Veranstaltungsort mit internationaler Ausstrahlung.
Doch nur kurz nach diesen ersten, erfolgreichen Wochen wurde der laufende Betrieb wieder eingestellt: Eine neue Covid-Welle hatte die Schweiz erreicht und verunmöglichte Veranstaltungen. In der Folge musste eine Finanzsanierung verhandelt werden – ein langwieriger und, auch dank Roger Büchels grossem Einsatz, erfolgreicher Prozess. Ein weiterer «Hosenlupf», wie er sagen würde.
Daneben beschäftigte der sich zuspitzende Fachkräftemangel Roger Büchel und sein Team, doch Erfindungsreichtum und schnelles Handeln zahlten sich aus: Für das Rekrutieren der temporären Mitarbeitenden wurde eine Art Speed-Dating erfunden und Festangestellte stärker an das Unternehmen gebunden: «Wir haben sehr attraktive Arbeitsbedingungen im Gastrobereich geschaffen und fokussieren stark darauf, dass die Mitarbeitenden sich wohl und als wichtiger Teil des Unternehmens fühlen. Denn das sind sie ja auch», ist Büchel überzeugt.
Die Wende
Dann kam 2022 und damit die Wende: Das Unternehmen verzeichnet nach der Omikron-Welle den grössten Umsatz seit seiner Geschichte und bereits heute ist klar, dass es ab 2024 plangemäss in der Gewinnzone wirtschaften wird. Der laufende Betrieb ist stabilisiert, die Auftragsbücher sind voll, das Team eingespielt.
In diesem guten Zustand übergibt Roger Büchel das Kongresshaus nun in die Hände seines Nachfolgers Michel Loris-Melikoff. Es schwingt Wehmut mit: «Es war eine sehr intensive Zeit. Die Zusammenarbeit im Team hat aber immer Spass gemacht. Die richtigen Leute um sich zu haben, ist ein grosses Glück – und diese Unwägbarkeiten haben uns noch enger zusammengeschweisst. Mein Dank gilt diesem Team, aber auch dem Verwaltungsrat für dessen Vertrauen. Und schliesslich auch unseren Kunden, die gegenüber den Kinderkrankheiten des Gebäudekomplexes Verständnis und Geduld aufbrachten.»
Was die Zukunft bringt
Für die Zukunft des Kongresshaus wünscht Roger Büchel sich, dass sich das Haus stetig weiterentwickelt, sich an den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden orientiert und dass die Mitarbeitenden täglich vollen Einsatz zeigen können.
Was die Zukunft für ihn selber bringt, ist noch unklar: «Für mich ist der Zeitpunkt gekommen, den Betrieb in einer sehr guten Verfassung per Ende des Geschäftsjahrs zu übergeben. Ich möchte noch einen weiteren Schritt in meiner Karriere machen – in welche Richtung ist offen. Klar ist nur: Jetzt oder nie.»
«Roger Büchel hat in einem dynamischen Umfeld das Schiff auf Kurs gehalten, sich sehr engagiert und mit seinen überdurchschnittlichen Führungsqualitäten eine motivierende und kollegiale Kultur verankert.»
Engagement, Beharrlichkeit und Führungskönnen
Nach fünf Jahren, unzähligen Anekdoten, einigen schlaflosen Nächten und unvergesslichen Momenten übergibt Roger Büchel das Zepter an seinen Nachfolger. Die eindrücklichen Leistungen und Erfolge, sein Engagement, seine sympathische Beharrlichkeit, der konstruktive Umgang mit Herausforderungen und sein fördernder, integrativer Führungsstil zeichnen Roger Büchel als ersten CEO/Direktor und Gestalter des neuen Kongresshaus Zürich aus.
«Der Verwaltungsrat dankt Roger Büchel für sein grosses Engagement. Der anspruchsvolle Wiederaufbau des Unternehmens nach dem mehrjährigen Gebäudeumbau hat er mit Bravour gemeistert und damit die Basis für eine erfolgsversprechende Zukunft gelegt.»
Jean-Marc Hensch, langjähriger Verwaltungsratspräsident, fasst beeindruckt zusammen: «Roger Büchel hat in einem dynamischen Umfeld das Schiff auf Kurs gehalten, sich sehr engagiert und mit seinen überdurchschnittlichen Führungsqualitäten eine motivierende und kollegiale Kultur verankert.» Auch der aktuelle Verwaltungsratspräsident Andreas Bürge schätzt Roger Büchels Leistung hoch: «Der Verwaltungsrat dankt Roger Büchel für sein grosses Engagement. Der anspruchsvolle Wiederaufbau des Unternehmens nach dem mehrjährigen Gebäudeumbau hat er mit Bravour gemeistert und damit die Basis für eine erfolgsversprechende Zukunft gelegt.»