Dirigent des Projekts: Erich Offermann im Gespräch

– Bei der Gesamterneuerung und dem Umbau im Kongresshaus und der Tonhalle Zürich wirken viele hundert Personen mit: von den Architekten über die Handwerker bis hin zu den Innenausstatterinnen und Technikern. Den Überblick über dieses vielstimmige Geschehen behält der Gesamtleiter Erich Offermann.

Erich Offermann, Sie sind der Gesamtleiter des Projektes «Instandsetzung und Umbau Kongresshaus/Tonhalle Zürich». Was machen Sie in dieser Funktion genau?

Ich sehe mich als eine Art Dirigent des Projektes. Meine Aufgabe ist das Zusammenbringen der Anforderungen aller beteiligten Seiten, die an der Gesamtsanierung des Kongresshauses und der Tonhalle Zürich mitwirken. Dabei koordiniere ich die Planung und Realisierung, inklusive Kosten und Termine, und verantworte das Projekt gegenüber der Bauherrschaft.

 

Das klingt anspruchsvoll – gerade bei so einem Grossprojekt. Macht Ihnen das Spass?

Oft – aber manchmal fragt man sich auch, wieso man sich das antut. Von Anfang an müssen wir bei der Umsetzung des überzeugenden architektonischen Entwurfs alle Nutzenden miteindenken: vom Orchesterbetrieb bis zum Facility Management, vom Publikum bis zu den Anforderungen einer Grossküche. Und dazu kommt erst noch die eigenwillige alte Bausubstanz, die auch heute noch trotz aller Umsicht für mancherlei Überraschungen sorgt. Das Kongresshaus ist ja etappenweise entstanden: 1895 hatte man von Brandschutz noch nicht dasselbe Verständnis wie heute, 1939 baute man im Zuge der Vorkriegszeit äusserst sparsam. Solche baulichen Voraussetzungen führen zusammen mit den heutigen Sicherheitsbestimmungen und Anforderungen an Erdbebenertüchtigungen zu grosser technischer Komplexität.

 

Wie zum Beispiel?

Ich denke, eine der grossen Chancen ist, dass der architektonische Entwurf die Aura und den Charme des Kongresshauses Zürich beibehält. Sicherheits- und veranstaltungstechnische Aspekte werden topmodern realisiert, aber im Vordergrund steht weiterhin die Schönheit und Eleganz des Hauses. Bilder des Fin de Siècle kombiniert mit solchen der Landi 1939 – gemeinsam mit der heutigen Architektursprache – sollen unsere zukünftigen Gäste prägnanter als zuvor umgeben. Sie begleiten das heutige Kongresshaus Zürich zusammen mit der grossartigen Tonhalle auf dem Weg in seine ereignisreiche Zukunft.

 

Was läuft denn aktuell auf der Baustelle?

Nun, wir sind im Endspurt. Die letzten Inbetriebnahmen der gesamten Gebäudetechnik wie Heizung, Lüftung, Beleuchtung erfolgen nun. Der Natursteinbelag auf der wunderschönen Dachterrasse wurde gerade rechtzeitig vor dem Schnee fertiggestellt. Die grosse Freitreppe zum See hat ihre Stufen erhalten. Momentan werden der neue Parkettboden mit dem historischen Muster im Kongresssaal eingebaut, die alten Parkettböden geschliffen und wir montieren die Bestuhlung in der grossen Tonhalle. Für die Intonierung der neuen, imposanten Orgel brauchen wir unbedingt die Temperatur in der Grossen Tonhalle, welche auch während der Konzerte herrschen wird. Das ist noch anspruchsvoll. Der Winter ist eine herausfordernde Jahreszeit, um zu bauen und fertigzustellen.

 

Worauf freuen Sie sich besonders, wenn das Kongresshaus Zürich im Sommer 2021 eröffnet wird?

Persönlich freue ich mich ganz klar darauf, wenn das Tonhalle-Orchester das erste Mal wieder im neuen «alten» Saal erklingt. Ich habe ja schon bei der Inbetriebnahme des KKL mitgearbeitet; das werde ich nie vergessen: Mir kamen Tränen, als im grossen Saal – noch ganz ohne Publikum – zum ersten Mal das Luzerner Symphonieorchester seine Instrumente erklingen liess, es war Bruckners 8. Sinfonie. Ich denke, das wird hier nicht anders sein. Der neue Chefdirigent Paavo Järvi hat bereits vor den Musikern des Tonhalle-Orchesters den Saal als grosses, eigenes Instrument bezeichnet, welches gemeinsam zum Klingen gebracht werden soll. Ein Kulturbau lebt vom Betrieb und den Menschen, die ihn erfüllen.

«Das Kongresshaus ist ein Glücksfall für Zürich.»

Erich Offermann, Gesamtleitung Projekt «Instandsetzung und Umbau Kongresshaus/Tonhalle Zürich»

Können Sie sich das heute schon vorstellen?

Absolut. Ich habe vor meinem Studium an der ETH viele Jahre im Theater als Bühnen- und Kostümbildner gearbeitet. Die Liebe zur räumlichen Dramaturgie ist auch in der Architektur von grossem Vorteil, ob man in der Funktion des Entwerfers – oder eben wie jetzt – als Gesamtleiter tätig ist. Im Kongresshaus Zürich gibt es einige raffinierte Details, die einzigartige Erlebnisse möglich machen werden: Die Rückwand des grossen Kongresssaals beispielsweise kann versenkt werden. Dadurch lässt sich ein Raumkontinuum erstellen, wie es um 1939 und früher in der Architekturauffassung en vogue war. Heute entsteht dadurch ein flexibel nutzbarer und intelligenter Veranstaltungsort. Das Kongresshaus mit seiner Geschichte und seinem Charakter ist einfach ein Glücksfall für Zürich.

 

Steckbrief

Name: Erich Offermann
Funktion: Gesamtleitung Projekt «Instandsetzung und Umbau Kongresshaus/Tonhalle Zürich»
Kernkompetenz: Generalistischer Architekt mit Affinität zu Technik, Musik, Bühne und Kunst.
Mag an seiner Arbeit: Denksportaufgaben und Herausforderungen, damit gemeinsam erstaunliche Bauwerke vollbracht werden können.

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